Einblicke in Leben und Werk: Karl Hayek
Aufgrund der Lage an einem strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt war Villach im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe fast zur Gänze zerstört worden. Innerhalb des späteren österreichischen Staatsgebiets hatte es nur Wiener Neustadt noch härter getroffen. Eng verbunden mit dem Wiederaufbau der „Draustadt“ ist der Name Karl Hayek. Gemeinsam mit drei Kollegen war der 1910 in Schönau an der Triesting geborene Architekt bereits 1944 von der Stadtplanung mit der Koordination der Behebung von Bombenschäden beauftragt worden. Nach Kriegsende konnte das ehemalige NSDAP-Parteimitglied nahtlos an diese Tätigkeit anknüpfen. Sein architektonisches Wirken in der unmittelbaren Nachkriegszeit ist bis heute prägend für das Bild des Villacher Hauptplatzes. Einige der Geschäftshäuser in der Fußgängerzone tragen die zurückhaltend sachliche Handschrift Hayeks, deren charakteristische Merkmale ein zeitloser Umgang mit dem öffentlichen Raum sowie das Einbinden von Überresten und vorgefundenen Fragmenten sind.

Exemplarisch dafür ist das 1952 fertiggestellte und bereits seit den 1980er Jahren denkmalgeschützte Rathaus. Organisch passen sich die schlichten Baukörper in den übrigen Kontext ein. Neben den Räumlichkeiten für die Stadtverwaltung ist ein Kino und ein Kaffeehaus Teil des Raumprogramms. Bereits auf den Schaubildern des Wettbewerbs präsentiert sich der Vorplatz als unverstellte Fläche, auf der sich Paare treiben lassen. Ein kurzer Spaziergang vom Verwaltungszentrum zum Drauufer führt unter anderem vorbei am ehemaligen Warenhaus Warmuth, dessen Schaufenster-Passage im Erdgeschoss ursprünglich bis tief ins Gebäude reichte. Am gegenüberliegenden Flussufer bildet das Canaval Haus mit seinem großzügigen Vorplatz den Abschluss des unaufgeregten Hayek-Œuvres in der Villacher Innenstadt.

Mit dem Mercedes Autosalon in der Pestalozzistraße folgte ein weiteres modernes Implantat im Laufe der 1960er Jahre. Zusätzlich zur Sanierung der historischen Werkstatt wurde im Süden ein dreigeschossiger Kopfbau mit Autoschauraum eingefügt. Die aufwändig gestaltete Sequenz aus Windfängen begleitet Eintretende von der vorbeiführenden Straße bis in den Verkaufsraum. Die zum Teil gut erhaltenen Bauten von Karl Hayek erzählen die Geschichte eines sensiblen Wiederaufbaus. Jenseits von Nostalgie und Tabula Rasa wird auf die spezifischen Situationen der jeweiligen Orte eingegangen und Vorgefundenes geschickt weiterentwickelt. Unter den Vorzeichen von Ressourcenknappheit und Klimawandel erscheint dieser Zugang brennend aktuell.

Hintergrund
Zuletzt lag der Nachlass des Architekten Karl Hayek bei Brigitte und Rudolf Lepuschitz. Die beiden hatten die Pläne und Skizzen des vor allem in den drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg aktiven Planers vor der Entsorgung bewahrt. Rudolf Lepuschitz war Schüler bei Hayek an der HTL-Villach. Seit die insgesamt fünf Kartons im Juni 2019 von Peter Nigst und Herbert Nagl für das Bauarchiv Kärnten übernommen wurden, ist viel Zeit in die Entfaltung und Digitalisierung der darin enthaltenen, dicht zusammengerollten Bündel aus Tusche- und Bleistiftzeichnungen geflossen. Der Inhalt wirft Schlaglichter auf den Wiederaufbau einer Stadt, die im Herbst 1945 fast zur Gänze in Trümmern lag.